In den letzten Monaten wars hier auf tinyadventures.de recht ruhig. Das macht mich ein bisschen traurig, denn dieser Blog sollte ein kleines kreatives Outlet werden, wo ich mich mit Themen beschäftigen kann, die mir wirklich am Herzen liegen. Also mit allem, was irgendwie mit Reisen, Ausflügen und Erkundungstouren zu tun hat. Und das will ich auf keinen Fall vernachlässigen.
Warum’s doch passiert ist? In letzter Zeit besetzten jede Menge ungewohnte Gedanken meine sonst eigentlich für diese Themen reservierten Gehirnregionen (und alle übrigen, aber das tut hier nichts zu Sache). Plötzlich wurde die Familienplanung immer realer, der Bauch immer runder und der Kopf immer wirrer. Statt nach günstigen Flügen für den nächsten Wochenendtrip, suchte ich online nur noch nach Babybetten, Mobiles, Spucktüchern und dergleichen. Herrje.
Eigentlich war die Reiserei immer das eine große Argument gegen Kinder. Ich war immer überzeugt, dass ein Kind das Reisen zumindest größtenteils ersetzen würde und ich wollte mich nicht einschränken. Nicht wenn es darum geht, ferne und nahe Länder zu entdecken. Dann hat sich der Kinderwunsch doch irgendwann angeschlichen und mich und meine Frau ganz unerwartet attackiert. Abends ein Glas zu viel auf dem Sofa und plötzlich ist man gegen nichts mehr gewappnet – passt bloß auf!
Abends ein Glas zu viel auf dem Sofa und plötzlich ist man gegen nichts mehr gewappnet – passt bloß auf!
Da war er nun also, dieser neue Gedanke. Und obwohl ich direkt anfing, mir klar zu machen, dass ein Kind nicht nur Einschränkung bedeuten muss, so richtig überzeugt war ich nicht. Dazu brauchte es noch eine kleine Begegnung mit einer ungewöhnlichen deutschen Familie in Neuseeland. Ich weiß nicht, ob wir jemals Namen ausgetauscht haben, zumindest kann ich mich nicht dran erinnern. Unterhalten haben wir uns auf einem Parkplatz, bevor meine Frau und ich uns auf den Routeburn Track begaben. Die Eltern waren vielleicht ein paar Jahre älter als wir, die Kinder ungefähr sechs Monate und drei Jahre. Gemeinsam sind sie sechs Wochen durch Neuseeland gereist. Mit einem kleinen Auto und einem Zelt. Die Wanderung, die wir in drei Tagen mit Blasen und Muskelkater gemeistert haben, haben die Vier quasi an einem Tag zurückgelegt.
Mit dieser kleinen Anekdote möchte ich nicht sagen, dass ich auch gerne zu so einer Familie werde würde. Mir ist Zelten selbst ohne Baby zu unbequem, und ich hab keinerlei Ambitionen, eine 3-Tages-Wanderung in nur einem Tag zu meistern (zu anstrengend!). Aber alleine die Tatsache, dass es möglich zu sein scheint, mit Kinder so zu reisen – na, wenn ich mich dann von einem Baby von meine eigenen Reiseplänen abhalten lasse, bin ich wohl einfach selbst schuld.
Trotz dieser Erleuchtung war ich die letzten Monate nicht ganz so entspannt wie erhofft. Zugegeben, das bin ich sowieso selten. Ok, ganz ehrlich: Nie. Plötzlich musste die dreiwöchige Südamerikareise zwecks kleiner Komplikationen gegen einen Portugal-Urlaub eingetauscht werden und jeder Kurztrip wird plötzlich in Windeln und Stramplern gerechnet, die man für das Geld bekommen könnte. Jetzt, gegen Ende, ist es auch einfach gemütlicher, im heimischen Wasserbett zu schlafen statt in einem unbekannten Hostel.
Mir war dabei immer klar, dass diese Entscheidungen richtig waren – von der jetzigen Umsetzung des Kinderwunsches bis hin zur abgesagten Reise. Richtig glücklich war ich damit trotzdem oft nicht. Ich war sehr oft genervt von mir und meiner Situation. Bei Reisen Kompromisse zu machen scheint mir generell Quatsch. Ich hab chronisches Fernweh. Es gibt so viele Städtetrips in Europa, die ich noch machen möchte und so viele große Reisen, die ich noch geplant habe. Meine Reise-Liste ist noch so lang und ich sitze zu Hause herum, spare, arbeite und brüte. Stattdessen will ich lieber sofort losreisen und keine Zeit verschwenden. Ich habe viel Zeit damit verbracht, dieses Dilemma ausgiebig zu betrachten. Ich wollte herausfinden, wie ich alles auf einmal haben kann. Spoiler: Kann ich nicht. Können vermutlich die wenigsten, egal in welcher Situation sie sich gerade befinden.
Ich wollte herausfinden, wie ich alles auf einmal haben kann. Spoiler: Kann ich nicht.
Erst seit ein paar Tagen geht’s mir wieder besser. Was mich geheilt hat? Wir haben unseren nächsten Urlaub gebucht. Einfach so. Obwohl’s Kind noch nicht mal da ist. Vielleicht kann ich nicht hochschwanger durch Europa touren oder nächstes Jahr durch Peru wandern, aber es gibt ja noch viel mehr Möglichkeiten. Wenn man Familienplanung und Reiseplanung etwas aufeinander abstimmt, sind die Kompromisse am Ende vielleicht gar nicht so groß. Bestimmt wird das Reisen mit Kind anders, aber anders ist ja nicht gleich schlechter.
Vielleicht muss ich meine Top-Reiseziele einfach etwas überarbeiten. Statt planlos mit nur einem Rucksack durch Südamerika, wird’s nun eben ein Cottage mit Baby in Wales. Wer weiß, was es dort alles zu entdecken gibt und wie sich das Reisen mit Kind anfühlt? Und bis es soweit ist und ich tatsächlich losreisen kann? Ich wohne in NRW, nirgendwo sonst in Deutschland gibt es auf so wenig Raum so viel zu entdecken. Seit über drei Jahren wohne ich in Köln und war zum Beispiel noch nie in Düsseldorf. Es wird Zeit, endlich auch mal rund um die Heimat mehr auf Entdeckungstour zu gehen.
Das Baby wird die Reiserei beeinflussen und verändern. So entspannt, sorglos und fit wie die Familie in Neuseeland werden meine Frau und ich vermutlich nicht sein. Aber das ist auch nicht nötig. Verändern darf unser Baby die Reiseplanung, nur ersetzen wird es sie nicht. Im Gegenteil, wir können Dank Elternzeit ganze vier Wochen nach Wales und haben dann trotzdem noch genug Urlaubstage für den ein oder anderen Kurztrip übrig. Wo auch immer sie hinführen mögen. Ich hab keine Ahnung, wie genau die Reisen mit Baby aussehen werden, aber ich bin gespannt. Und ich werde auf jeden Fall darüber berichten.
Ich hab keine Ahnung, wie genau die Reisen mit Baby aussehen werden, aber ich bin gespannt.
Hallo,
Deine Gedanken treffen wohl die Gefühlswelt vieler von chronischem Fernweh geplagter Menschen, zumindest meine. Schön geschrieben. Reisen wird dadurch vermutlich anders werden, aber durch die veränderte Perspektive wird man bestimmt andere Orte entdecken, für die man sich früher (ohne Kind) nie hätte begeistern können!
Liebe Grüße,
Jakob
Hallo Jakob,
vielen Dank! 🙂 Du hast Recht, die veränderte Perspektive ist einfach ein neues Abenteuer 🙂 Ich bin sehr gespannt darauf!
Liebe Grüße
Alex
Ein wunderbar ehrlicher Beitrag!
Und: #Breisen?! Top! 🙂